Der Titel „Relatos salvajes“ („Wilde Geschichten“) ist für diesen Film in jeder der sechs Episoden selbsterklärend. Vermeintliche Normalos werden hier völlig aus der Bahn gebracht. Auslöser dafür sind die ärgerlichen bis deprimierenden Geschehnisse, die das Leben so bereithält: übertriebene Parkgebühren, ein tragischer Autounfall oder ein Seitensprung des Ehepartners.
Episode 1 – „Pasternak“: Ein depressiver Mann beschließt, alle Menschen, die ihn zuvor schikaniert haben, auf einmal umzubringen.
Episode 2 – „Las Ratas“: Eine Köchin möchte Gerechtigkeit schaffen, indem sie einem Mann, der ihre Kellnerin ins Unglück gestürzt hat, Gift ins Essen mischt.
Episode 3 – „El más fuerte“: Zwei Autofahrer geraten in ein Gefecht, das auf der Straße beginnt und sich an einer Brücke zu einem Kampf um Leben und Tod entwickelt.
Episode 4 – „Bombita“: Ein Familienvater wird konfrontiert mit der Unmenschlichkeit der Bürokratie, die ihn in einer Kettenreaktion sowohl seine glückliche Familiensituation als auch seinen scheinbar sicheren Arbeitsplatz kostet – und rächt sich.
Episode 5 – „La Propuesta“: Ein reicher Geschäftsmann muss erfahren, dass sein Sohn eine schwangere Frau überfahren hat. Um die Zukunft des Sohnes zu sichern, soll ein Hausangestellter behaupten, dass er die Tat begangen hat. So eine Lüge aufrechtzuerhalten kostet aber viel Geld.
Episode 6 – „Hasta que la muerte nos separe“: Eigentlich sollte es der schönste Tag ihres Lebens werden, doch auf der Hochzeitsfeier erfährt die Braut, dass ihr Bräutigam sie betrogen hat, und zelebriert auf der Feier ihre Rache.
„Relatos salvajes“ zelebriert das Wildwerden seiner Protagonisten: Gerade waren sie noch Durchschnittsmenschen, plötzlich aber werden sie durch Frustration, Ungerechtigkeitsgefühl und Rachgier zu Triebtätern. Der Grat zwischen Normalo und Psychopath ist hier schmal. Die Protagonisten sind nur scheinbar sorglos und zufrieden, in Wirklichkeit aber brodelt in ihnen ein Vulkan, der von einem Moment auf den anderen ausbrechen kann.
Der Film erhebt keinen Zeigefinger und ergreift nicht Partei. Die wild gewordenen Hauptprotagonisten werden nicht als kranke Bestien dargestellt, sondern als Menschen, die im Kontext demütigender Situationen ihre animalische Seite zeigen.
Der bis an die Grenze getriebene schwarze Humor des Films gefällt sicher nicht jedem. Wer humorerprobt ist, kann mit diesen technisch professionell gedrehten und leidenschaftlich gespielten Erzählungen des modernen argentinischen Kinos aber einen unterhaltsamen Filmabend verbringen.
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