Salta (Filmkritik)

„Salta“ ist eine kurze tragisch-schöne Geschichte über die Beziehung zwischen zwei Mädchen: Julia und Amanda, beide im Schwimmverein. Hoch oben auf dem Sprungturm des Schwimmbeckens kommen sie sich näher. Doch dann geschieht etwas Unerwartetes…

Der Film braucht nicht viele Worte, um seine Geschichte zu erzählen. Er wirkt in Bildern – das ruhige Wasser, die hellen Beleuchtungen, der leere Startblock. Der hohe Sprungturm ist das prägende Symbol des Filmes und eine Metapher für Julias Inneres. Soll sie liegenbleiben oder herunterspringen? Weiterleben wie bisher oder etwas Neues wagen?

Der Film ist für seine Kürze erstaunlich vielschichtig: Er schwankt zwischen Stille und Lautstärke, Statik und Aktion, Düsternis und Romantik, Nähe und Distanz. Die Geschichte über das Verhältnis der beiden Mädchen wirkt lebensnah und bringt den Zuschauer zum Grübeln, was auch durch den Einsatz von Rückblenden verstärkt wird.

Die junge Regisseurin Marianne Amelinckx, die u.a. bei „La familia“ (bereits vorgestellt und rezensiert vom Kinosalon) als Regieassistentin gearbeitet hat, belebt mit „Salta“ den venezolanischen Kurzfilm. Es ist ihr nur zu wünschen, dass sie mit weiteren überzeugenden Filmen ihren Weg gehen wird.

Salta

Regisseurin: Marianne Amelinckx

Produktion: Venezuela, 2017

Dt. Titel: Spring

Genre: Kurzfilm/Romanze

Länge: 14 min.

Der Kurzfilm „Salta“ erzählt die Geschichte der zwei Mädchen Julia (Iruaní Gómez) und Amanda (Andrea Giurizzato). Aus Ihrer Freundschaft wird Leidenschaft, und nach einem dramatischen Schwimmwettkampf steht Julia vor der Frage: stehen bleiben oder voranschreiten?

Dieser Film der 29-jährigen venezolanischen Filmemacherin Marianne Amelinckx hatte seine Weltpremiere im April 2017 auf dem New Yorker Kultfestival Tribeca, wo er eine lobende Erwähnung der Jury bekam. Die Regisseurin sammelte im Vorfeld per Crowdfunding Spendengelder, um dort persönlich anwesend zu sein. Außerdem bekam der Film auf dem schwul-lesbischen Filmfest „Pink Apple“ die Auszeichnung zum Besten Kurzfilm.

Der Film ist auf Amazon Video kostenlos als Stream auf Spanisch (optional m. dt. UT) verfügbar.


	

Mujeres al borde de un ataque de nervios (Filmkritik)

Wenn man ganz oberflächlich die Handlung von „Mujeres al borde de un ataque de nervios“ betrachtet, könnte der Film ein Liebesdrama aus den 50er oder 60er Jahren sein. Ein charismatischer Synchronsprecher verlässt seine Kollegin und Geliebte für eine andere, diese will ihn zurück haben und tut alles dafür. Punkt.

Aber dann wäre dies kein Almodóvar-Film. Sein Film ist auf ganz eigene Art und Weise absurd und unverwechselbar.

Der Film lebt von seinem perfekt besetzten Darstellerensemble: Carmen Maura hängt als Pepa zwischen Liebe und Hass zu ihrem Iván und handelt dabei jenseits jeglicher Vernunft: Sie verbrennt das ehemalige gemeinsame Liebesbett und genießt das Feuer solange, bis die Rauchentwicklung sie in akute Gefahr bringt. Sie wirft ihren Anrufbeantworter, der von ihrem Ex in gepflegten Worten besprochen wird, in blinder Wut aus dem Fenster. Doch in anderen Situationen handelt sie wiederum völlig kühl und souverän.

Gerade auch die Nebendarsteller drücken dem Film ihren Stempel auf, egal ob sie nun eine Minute lang oder über die Hälfte des Films auftauchen. Nur die wichtigsten seien hervorgehoben:

  • Fernando Guillén als Iván: Eigentlich ein richtiger Gentleman, der selbst eine schmerzhafte Trennung durch die Magie seiner Synchronsprecherstimme noch butterweich rüberbringen kann. Ist in den wenigen Momenten, in denen er auftaucht, sehr präsent, aber auch wenn er fehlt; denn er ist das Phantom, dem alle hinterherjagen.
  • María Barranco als Candela: Die „beste“ Freundin von Pepa: naiv und mitteilungsbedürftig. Genau so eine braucht Pepa in ihrer Krisensituation…
  • Antonio Banderas als Carlos: Nicht wiederzuerkennen – blutjung, mit Nerdbrille, krausem Haar und einem Stotterproblem. Unsicher und zwanghaft liebesbedürftig, aber er kann Telefone reparieren.
  • Rossy de Palma als Marisa, Carlos‘ Verlobte: Sie spricht nicht viel, aber schon ihr ungewöhnliches Erscheinungsbild ist eine Kunstform. Ihr Gesicht ist so hager wie ihr Körper, ihre Nase lang und schief, ihr Blick immer zwischen dumm, arrogant und verstohlen. Man weiß nicht so richtig, was man von ihr halten soll.1)
  • Julieta Serrano als Lucía, Ex-Ex-Geliebte von Iván: Sie setzt dem Film am Ende noch einmal die Krone auf. Im Erscheinungsbild zwischen Transvestit und Tante Erna angesiedelt, zeigt sie sich als Antagonistin in Perfektion: schrill, entschlossen und psychopathisch.

Dazu kommt Almodóvars spezielle Darstellungs- und Erzählform. Schon zu Beginn lässt er Iván durch ein Meer an verzückten Frauen wandern und jede mit einem Kompliment beschenken. Er lässt dem Gazpacho, einer Suppe aus rohem Gemüse, immer wieder aufs Neue eine handlungsentscheidende Bedeutung zukommen. Und am Schluss werden wir mit einer ganz besonderen Detailansicht der rachlüstigen Lucía auf einem Motorrad beschenkt.

Vor 30 Jahren hat Pedro Almodóvar mit „Mujeres al borde de un ataque de nervios“ ein keckes Werk geschaffen, das mit seinem Mix aus Charme und Übergeschnapptheit auch heute noch sein Publikum finden wird.

Fußnote:

1) Rossy de Palma tritt auch als Model auf und wurde dieses Jahr in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences berufen, die die Oscars vergibt.

Mujeres al borde de un ataque de nervios

Titel (dt.): Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs

Regisseur: Pedro Almodóvar

Produktion: Spanien, 1988

Genre: Komödie

Länge: 90 min.

„Mujeres al borde de un ataque de nervios“ handelt von der Madrilenin Pepa, die nach vielen Jahren von ihrem Geliebten Iván verlassen wird. Verzweifelt versucht sie, ihn zu kontaktieren. Durch die Verstrickung mehrerer Zufälle wird ihr Leben noch chaotischer.

Der Film ist eines der Frühwerke des international anerkannten spanischen Regisseurs Pedro Almodóvar. Er wurde auf internationalen Filmfestivals ausgezeichnet und wurde für den Oscar und den Golden Globe als Bester fremdsprachiger Film nominiert. In Spanien wurde der Film mit fünf Goyas ausgezeichnet und war weitere elf Male nominiert.

Der Film ist auf Amazon als DVD und als Stream verfügbar.